Dienstag, 3. März 2009

Goodbye Web 2.0 ...


Es macht wenig Spaß, als Journalist immer recht zu behalten - ein Gefühl der Genugtuung ist in unserem Job, wenn wir ihn gut machen wollen, völlig fehl am Platz. Bei dem Geblubbere, das in den letzen zwei, drei Jahren als so genanntes Web 2.0 durch die Presse geisterte, war ich selbst aber von Anfang an äußerst vorsichtig. Zu sehr erinnerten mich die Geschäftsmodelle von sozialen Netzwerken, Videodiensten oder Web-Anwendungen an jene Ideen, die ich bereits von der Dot-Com-Krise 2000/2001 kannte ... (ja, ich werde alt).

Nun scheint es tatsächlich so zu kommen, wie es mir meine damalige intuitive Skepsis nahelegte: Aus der zweiten Blase entweicht gehörig Luft. Schuld ist die Kreditkatastrophe auf der ganzen Welt, denn die sorgt dafür, dass Geschäftsmodelle ohne Umsätze nicht mehr funktionieren. Dabei hatte man im Silicon Valley, der Heimat der Techologie- und Internet-Firmen, die Probleme zunächst mit Gelassenheit hingenommen: Die Branche sei bei weitem nicht mehr so stark von den Finanzmärkten abhängig, wurde stets beschwichtigt.

Doch das ändert sich nun: Experten wie der renommierte Risikokaptialmanager Jim Breyer fürchten längst, dass der Internet-Boom der letzten Jahre, von manchem Kritiker auch "Bubble 2.0" (Blase 2.0) genannt, vor dem Ende steht, weil es immer schwieriger wird, Gelder von Investoren einzuwerben. "Die Auswirkungen der wirtschaftlichen Verlangsamung auf den Technologiesektor werden riesig sein", sagte Breyer gegenüber dem US-Wirtschaftsblatt "Fortune". Der Mann muss wissen, wo von er redet: So gehört er zu den anfänglichen Geldgebern der "Social Networking"-Sensation Facebook. Letztere bemüht sich zurzeit, endlich ein tragfähiges Geschäftsmodell zu finden. Das dürfte in der aktuellen Werbekrise immer schwieriger werden.

Man muss schon den Mut bewundern, den etwa aktuell populäre Firmen wie Twitter in dieser Lage besitzen: Noch arbeiten sie am Aufbau ihrer Nutzerbasis, statt Umsätze zu generieren. Das funktioniert so lange, bis ihr Risikokapital aufgebraucht ist und die Finanziers keinen Druck auf die Firmenchefs ausüben. Es dürfte jedenfalls schwierig werden, in diesen Zeiten allein auf Werbefinanzierung zu setzen, wie man es in der Dot-Com-Urzeit und im Web 2.0-Hype erneut machen wollte.

Das Risikokaptial, mit dem Venture Capital-Firmen (VCs) solche Ideen besonders gerne in der Silicon Valley-Region um San Francisco finanzierten, floss bislang reichlich: 2007 wurden in den USA mit knapp 30 Milliarden Dollar Gesamtinvestitionen Werte erreicht, die man zuletzt 2001 – dem Jahr, in dem der letzte große Internet-Boom zu Ende ging – gesehen hatte.

Auch andere Indikatoren sprachen für gute Geschäfte: Die Bewertungen von Start-up-Größen wie Facebook schossen in die Höhe (15 Milliarden Dollar dank eines 1,6-Prozent-Investments von Microsoft), Online-Firmen wurden reihenweise aufgekauft (zuletzt wollte Microsoft Yahoo für 44,6 Milliarden Dollar übernehmen) und die Google-Aktie, Hauptindikator des neuen Online-Booms, schloss im November bei über 700 Dollar. Das ist längst vorbei, das Papier hat sich halbiert.

Interessant ist dabei, wie schnell sich der Markt abkühlt: Die letzten Wochen machten zahlreiche Berichte von Entlassungen die Runde, selbst Giganten wie Microsoft werden nicht verschont. Wenn es so läuft, wie beim Platzen der Dotcom-Blase 2001, dann hat das für die Branche allerdings auch ihr Gutes: Damals wurde vielen Playern bewusst, dass sie es auch wesentlich schlanker schaffen konnten. Die besten Ideen, die sich jetzt noch halten, entstanden denn auch direkt nach der Krise 2004, 2005. Klar ist aber auch: Nach der Blase ist vor der (nächsten) Blase. Das Silicon Valley bereitet sich bereits darauf vor. Vielleicht ja diesmal gleich von Anfang an mit ordentlichen Umsätzen.

Von Ben Schwan

Posted via web from Superglide's Personal Blog ...

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