Montag, 27. April 2009

Google bald auf Rezept ... ?


Anbieter elektronischer Gesundheitsakten, darunter auch Google und Microsoft, arbeiten in den USA mit einer wachsenden Anzahl von Apotheken, Gesundheitsversorgern und Internet-Diensten zusammen, um Patienten den Online-Zugriff auf ihre Krankengeschichte zu ermöglichen und den allgemeinen Informationsfluss medizinischer Daten zu verbessern.

Die Bemühungen kommen genau zur rechten Zeit: US-Präsident Barack Obama sieht in seinem Konjunkturpaket insgesamt 19 Milliarden Dollar für die Digitalisierung des amerikanischen Gesundheitswesens vor. Doch so stark gehypt das Thema auch derzeit zu werden scheint: Noch ist unklar, ob und wenn ja welche positiven Auswirkungen die Bemühungen auf die Patientenversorgung wirklich haben werden.

Aktuell müssen Nutzer von Google Health oder Microsoft HealthVault ihre persönlichen Daten normalerweise noch von Hand eingeben – übertragen vom Papier füllt man Listen mit aktuellen Krankheitsbildern, Medikationen, Testergebnissen und bereits erfolgten Behandlungen aus. Doch das ändert sich nun. Seit vergangenem Sommer wurde mein Versicherer Blue Cross Blue Shield der erste Anbieter in den USA, der offiziell mit Google kooperiert. Seither kann man seine Daten automatisch hochladen lassen. Eine Einschränkung gibt es jedoch: Nur Pilotpartner wie das Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, die Cleveland Clinic in Ohio und ein Netzwerk aus Ärzten im Bundesstaat Washington machen in der Praxis auch wirklich regelmäßig mit.

Google Health und Microsoft HealthVault kosten nichts. Beide Anbieter kooperieren mit bekannten US-Hospitälern – Google wie erwähnt mit Beth Israel Deaconness und Cleveland, Microsoft mit der Mayo Clinic. Ziel dabei ist es, die Angebote möglichst genau auf die Patientenbedürfnisse abzustimmen. Hinzu kommen Partnerschaften mit einer Anzahl von Apotheken, so dass Nutzer ihre Rezeptdaten hochladen und beispielsweise nach Nebenwirkungen oder kostengünstigeren Alternativen suchen können.

Im Fall von Versicherten von Blue Cross Blue Shield setzt Google Health Abrechnungscodes zum Auffinden von Krankheitsbildern ein – im Gegensatz zu anderen medizinischen Daten liegen diese in den USA bereits in digitaler Form vor und lassen sich so wesentlich leichter importieren. Mit den Codes ergeben sich in der Praxis allerdings allerlei verwirrende Abbilder des Gesundheitszustandes eines Patienten. Weil jeder Gesundheitsversorger, den ich besuche, andere Codes verwendet, habe ich als Mensch mit chronischen Kreuzproblemen laut meinen Google Health-Daten sowohl Rückenschmerzen als auch Muskelbeschwerden, Entzündungen und nicht-allopathische Läsionen in Teilen meines Rückgrats. (Letzteres scheint ein spezieller Abrechnungscode meines Chiropraktikers zu sein.) All das ergibt nicht gerade ein verständliches Bild meines aktuellen Zustandes und der Behandlungsformen, die ich bislang erhielt. Aber vielleicht würde das ein ausgebildeter Arzt ja ganz anders sehen.

Die vom Versicherer importierten Daten enthalten außerdem weder Testergebnisse noch generelle Gesundheitsaussagen wie Gewicht, Cholesterin oder Fettwerte. Wenn ein Patient eine chronische Krankheit wie Diabetes oder hohen Blutdruck hat, ist es wichtig, dass er diese Angaben in einer Zeitleiste betrachten kann – sie ist eine gute Motivation, weniger zu essen oder aufs Cholesterin zu achten. Google Health besitzt außerdem bislang noch keine Möglichkeit, mit im Patientenbesitz befindlichen medizinischen Geräten zu interagieren. Vorstellbar wäre beispielsweise, dass Blutdruckmesser oder Zuckermonitore ihre Daten direkt hochladen. Angekündigt ist von Google immerhin eine Partnerschaft mit IBM auf diesem Gebiet.

Bislang basieren große Teile der Funktionalität von Google Health auf Rezepten. Nutzer können Informationen verschiedener Apotheken hochladen und das Programm warnt Patienten dann vor möglichen Gegenanzeigen oder Komplikationen bei der kombinierten Einnahme. "Es ist wichtig, das Menschen ihre Rezepte leicht verwalten können, weil man ihnen so zeigen kann, warum sie konkret Medikamente nehmen und welche Gefahren möglicherweise von ihnen ausgehen, wenn sie falsch kombiniert werden", sagt Roni Zeiger, Produktmanager bei Google, der selbst Arzt ist. Er schätzt, dass inzwischen potenziell mehr als 100 Millionen Nutzer Kopien ihrer Rezeptdaten bei Google Health hochladen können – zuletzt konnte man einen Vertrag mit der Apothekenkette CVS schließen.

Meine Online-Apotheke hat allerdings noch keine Partnerschaft mit dem Online-Riesen aufgebaut. Deshalb musste ich meine aktuellen Medikamente von Hand eingeben. Ich hatte dann die Möglichkeit, mit einer Anzahl von Online-Werkzeugen nach billigeren Alternativen zu suchen, einen Einnahmeplan zu erstellen oder mich informieren zu lassen, sobald neue Medikamente auf dem Markt sind oder ein Hersteller einen Rückruf durchführt. Damit das funktioniert, muss man Google aber erlauben, auf die aktuellen Gesundheitsdaten zuzugreifen, was einigen Teilnehmern sicher Bauchschmerzen bereitet. (Mit wenigen Mausklicks lässt sich dieses Recht aber widerrufen.)

Bislang kommt es mir so vor, als hätten die bei Google Health enthaltenen Dienste nur einen eingeschränkten Wert. Als ich eine der Funktionen nutzte, um nach einem billigeren Asthmamittel zu suchen, wurde mir unter anderem ein Medikament angeboten, das Ärzte seit Jahren kaum mehr verschreiben, weil es unangenehme Nebenwirkungen hat. Es wurde mir dabei nicht angezeigt, welche Ähnlichkeiten mit bestehenden Medikationen bestehen oder ob es sich um die gleiche Medikamentenklasse handelt. Auch der Schweregrad der potenziellen Nebenwirkungen fehlte.

Eine der neuesten Funktionen von Google Health ist die Möglichkeit, die elektronische Gesundheitsakte online mit anderen zu teilen. "Dieses Feature ist besonders hilfreich, weil es einem Patienten erlaubt, seine Krankengeschichte mit Gesundheitsversorgern und der Familie besser abzugleichen", sagt John Halamka, IT-Chef beim Google-Partner Beth Israel Deaconess Medical Center. Bislang ist das Angebot des Online-Riesen für mich selbst aber ehrlich gesagt noch deutlich eingeschränkter als die elektronische Gesundheitsakte, die mein Hausarzt bereits seit längerem anbietet.

Quelle:

Emily Singer

Posted via web from Superglide's Personal Blog ...

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